«Fokuswechsel» in der
Gesundheitsförderung und Prävention

24. Mai 2022

«Fokuswechsel» in der Gesundheitsförderung und Prävention

Die Perspektive Thurgau und das Amt für Gesundheit haben zur ersten kantonalen Fachtagung Gesundheitsförderung & Prävention eingeladen. Vertreterinnen und Vertreter aus Gesundheit, Soziales, Bildung und Wirtschaft lauschten Erkenntnissen aus der Vergangenheit, reflektierten die Gegenwart und diskutierten wünschenswerte Zukunftsbilder.

Die erste kantonale Fachtagung Gesundheitsförderung & Prävention stand unter dem Motto «Fokuswechsel». Sie verfolgte das Ziel, den Diskurs über Gesundheitsförderung und Prävention und deren Wirkungsräume neu zu lancieren und den Wissenstransfer über verschiedene Themen- und Politikfelder hinweg zu stärken. Die Fachtagung bot Raum für zukunftsgerichtetes Denken und lud die über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu ein, ihren Fokus und ihre Rolle als Multiplikatorin und Multiplikator für Gesundheitsförderung und Prävention zu reflektieren.

Der Vormittag war der Vergangenheit gewidmet. Anhand eines Rückblicks auf 250 Jahre Gesundheitsförderung und Prävention in der Schweiz tauchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die bewegte Geschichte dieser Fachdisziplin ein. Ein Blick zurück zeigte auf, dass öffentliche Gesundheit eine verkannte Erfolgsgeschichte ist. Ende des 18. Jahrhunderts begannen die damaligen Hygienebewegung sich vielfältigsten Aufgaben zu widmen: Gesundheitsdienste, Abwasser, Wohnungsbau, Abfallbeseitigung, Schulpflicht, Bestattungswesen, Lebensmittelsicherheit und weiteres mehr. Heute werden diese mehrheitlich von eigenständigen Institutionen wahrgenommen. Mit dem Blick zurück liess sich einerseits die Kontinuität der Entwicklung der öffentlichen Gesundheit aufzeigen. Andererseits wurde deutlich, wie sinn- und wirkungsvoll damals und heute die gezielte Einflussnahme auf die Gesundheit und Krankheit der Bevölkerung ist – gerade wenn diese als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen und angegangen wird.

Organisationsteam und Referentinnen und Referenten: Von links nach rechts: Judith Hübscher Stettler (Amt für Gesundheit), Doris Grauwiler (Perspektive Thurgau), Johannes Kleske (Third Wave), Anna Hecken (Amt für Gesundheit), Martina Dumelin (Dumelin Projekte & Vernetzung), Esther Hanselmann (Perspektive Thurgau)

Dem Fokuswechsel auf der Spur

Nach dem Mittag wurde die Gegenwart willkommen geheissen. Trotz der eindrücklichen Geschichte, langjähriger Forschung und etablierter Praxis haben Gesundheitsförderung und Prävention keinen leichten Stand. Zu prominent ist die Frage, ob die ergriffenen Massnahmen Gesundheitskosten mindern. Die Disziplin sollte ihre Daseinsberechtigung nicht nur mit dem Nachweis von Kosteneinsparungen belegen müssen, sondern mit der Besinnung auf ihren grundsätzlichen Auftrag, nämlich gesunde Lebensbedingungen für alle Menschen zu schaffen. Dies ist dringend nötig, denn gesundheitliche Ungleichheiten sind strukturell bedingt und ungerecht. Mithilfe einer interaktiven Meinungsumfrage wurde ein unmittelbares Feedback auf diese Forderung eingeholt. Sie stiess bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf viel Verständnis. Es wurde debattiert, ob ein Fokuswechsel dahingehend angezeigt sei, die verbindende Anliegen unterschiedlicher Fachgebiete und Politikbereiche sichtbarer zu machen, um stärkere Hebel für gesellschaftliche Entwicklungen in Bewegung zu setzen.

Der Nachmittag stand im Zeichen der Zukunft und fand seinen Höhepunkt in einem Referat des Zukunftsforschers Johannes Kleske. Jene, die von ihm eine klare Vorhersage der Zukunft erwarteten, wurden enttäuscht. Kurzweilig und anschaulich gewährte er aber Einblicke in die (kritische) Zukunftsforschung: Die Zukunft als zukünftiger Raum sei nicht real, sondern existiere im Hier und Jetzt immer nur als Vorstellung in unseren Köpfen. Dadurch sei sie sehr offen und gestaltbar. Es gebe also nicht eine vorhersehbare Zukunft, sondern unterschiedliche Zukunftsbilder, Szenarien und Vorstelllungen darüber, wie sich die Zukunft entwickeln könnte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden aufgefordert, sich wünschenswerte Zukunftsbilder von Gesundheitsförderung und Prävention für das Jahr 2030 auszumalen.

Auf bald in der Zukunft

Dass es nicht bei der ersten und einzigen Tagung dieser Art bleiben würde, stiess beim Publikum auf viel Anklang. Am Donnerstag, 1. Juni 2023, wird die zweite kantonale Fachtagung Gesundheitsförderung & Prävention stattfinden. Die Organisatorinnen freuen sich sehr, mit Ilona Kickbusch als Referentin eine Koryphäe der Gesundheitsförderung begrüssen zu dürfen.